Meine schönste Zahnnrettungsgeschichte

Vor einigen Jahren kommt eine Patientin erstmals zu uns in die Praxis und sagt, sie möchte gern einen Zahn gezogen haben. Wie kommt sie nur darauf? Nun, der Zahn war vor langer Zeit wurzelbehandelt worden, war abgebrochen, hatte eine Entzündung an der Wurzel und war jetzt akut vereitert und tat sehr weh. Sie war also am Wochenende vorher beim Notdienst, um das Problem beheben zu lassen. Der Kollege im Notdienst befand auch sogleich, dass man den Zahn entfernen müsse und gab der Patientin eine Betäubung. Dann setzte er die Zange an und versuchte, den Zahn zu ziehen. Das Dumme war nur, dass wegen der starken Entzündung die Betäubung nicht ausreichend wirkte und das Ziehen des Zahnes wegen der Schmerzen unmöglich war. Also nahm er die Zange wieder weg und verschrieb stattdessen ein Antibiotikum. Damit die Entzündung erstmal abklingen kann und man dann den Zahn ohne Schmerzen ziehen könne. Soweit ganz normale (Kassen-)Zahnmedizin.

Und deswegen saß die Patientin jetzt hier. Nachdem ich mir den Zahn und das Röntgenbild angesehen hatte, sagte ich zu ihr: „Was halten sie von der verrückten Idee, den Zahn zu retten anstatt ihn zu ziehen?“ Erstmal Schweigen. Ihr ungläubiger Blick verriet mir nicht, ob sie sich über den Vorschlag freute oder ob sie mich tatsächlich für verrückt hielt. Dann fragte sie skeptisch: „Wie wollen Sie das denn machen, der steckte doch schon in der Zange?“

Dann erklärte ich ihr, wie man mit einer erneuten, diesmal professionellen Wurzelbehandlung alle Bakterien und damit die Ursache der Schmerzen beseitigen könne. Der Zahn könnte mittels entsprechender Ausrüstung und Sachkenntnis, also einem OP-Mikroskop und einer speziellen Fülltechnik so abgedichtet werden, dass auch in Zukunft keine Entzündung und damit Schmerzen mehr entstehen könnten. Sie willigte ein und wir konnten mit der Rettung des Zahnes beginnen.

Letzte Woche habe ich die Patientin dann nach langer Zeit zur Kontrolle wieder gesehen. Die Entzündung des Kieferknochens ist inzwischen vollständig ausgeheilt, die Schmerzen sind seitdem völlig verschwunden und auch nicht wieder gekommen. Der Zahn hat eine neue Krone und die Patientin kann mit dem Zahn wieder ganz normal kauen. Seitdem konnten auch noch andere Zähne gerettet und in einen langzeitstabilen Zustand versetzt werden. Und dann reden wir nochmal über den Tag, an dem sie das erste Mal zu uns kam und ich zu ihr sagte, man könne den Zahn erhalten. Und sie sagt darauf: „Das war der schönste Tag in meinem Leben.“

Ui, offenbar hatte sie schon soviel mit ihren Zähnen durchgemacht, dass dieser Tag ein Wendepunkt in ihrem Leben war. Anders kann ich mir diese Begeisterung gar nicht erklären. Was für ein Kompliment!

Und was lernen wir daraus? Die Möglichkeiten zur Erhaltung von Zähnen werden immer besser. Selbst scheinbar hoffnungslose Zähne können oft noch viele Jahre erhalten werden. Nur leider werden solche Behandlungen praktisch nie von den Krankenkassen bezahlt. Und aus diesem Grund werden sie eben oft auch gar nicht erlernt und daher auch nicht angeboten. Falls du oder jemand, den du kennst, mal in die Situation kommen sollte, dass ein oder mehrere Zähne angeblich nicht mehr gerettet werden können, dann könnte es eine gute Idee sein, eine zweite Meinung einzuholen. Es gibt inzwischen viele auf Zahnerhaltung spezialisierte Zahnärzte.

Denn das Ziehen eines Zahnes ist nicht nur die invasivste Behandlung (es wird immerhin ein Körperteil entfernt…), sondern meistens auch die mit den teuersten Konsequenzen. Jedenfalls kann man für den Preis eines Implantates samt Krone so ziemlich alles an zahnerhaltenden Massnahmen durchführen, was die moderne Zahnmedizin bietet.

 

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