Geholfen und doch nicht geholfen.
Passend zum Artikel von gestern folgende Geschichte. Heute kommt eine Patientin zu uns, um mal ihre OP-Wunde kontrollieren zu lassen. Welche OP-Wunde denn?
Die Patientin war vor einiger Zeit schon mal bei uns, mit Beschwerden am oberen rechten Backenzahn. Damals ist die Situation nicht ganz eindeutig, also wurde erstmal abgewartet. Nun erneute Beschwerden. Als ich mir das entsprechende Röntgenbild angucke, stelle ich mich also darauf ein, am besagten Zahn eine Wurzelbehandlung einzuleiten. In der Zwischenzeit waren die Beschwerden der Patientin aber wohl stärker geworden und sie hatte eine Kieferhöhlenentzündung bekommen, die von dem Backenzahn ausging. Normalerweise hätte es jetzt wahrscheinlich ausgereicht, die Bakterien aus der Zahnwurzel zu entfernen, um die Kieferhöhlenentzündung und die Schmerzen zu beseitigen. Ganz normaler Vorgang. Unter dem OP-Mikroskop auch sicher und zuverlässig machbar. Natürlich noch abschwellende Nasentropfen, Schmerztabletten und vielleicht ein Antibiotikum.
Nur leider entschied sich die Patientin, ins örtliche Klinikum zu gehen. Dort gibt es jedoch keine Zahnärzte, dafür aber Kieferchirurgen. Und nun raten Sie mal, was passiert ist. Der Chirurg hat natürlich nicht die Möglichkeit hat, eine Wurzelbehandlung durchzuführen, von einem OP-Mikroskop ganz zu schweigen. Also muss er halt den ganzen Zahn rausreissen. So ist es dann auch passiert. Die Kieferhöhle wurde natürlich ebenfalls großflächig eröffnet und operiert. Dazu zwei Tage stationärer Aufenthalt, Antibiotikum intravenös und zwei Wochen Krankschreibung. Aus Sicht des Chirurgen selbstverständlich die richtige Behandlung, schließlich muss er der Patientin ja mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln helfen. So eine Vereiterung kann im schlimmsten Fall eben auch lebensbedrohlich sein. Nur die Möglichkeit des Zahnerhaltes war damit von vorn herein ausgeschlossen. Jetzt klafft dort eine riesen Zahnlücke. Und um wieder den Ausgangszustand herzustellen, sind viele Behandlungen und mehrere Tausend Euro fällig.
Nun war dies ein Notfall. Da holt man sich natürlich die Hilfe, die man kriegen kann. Verstehe ich ja. Ich verstehe auch den Chirurgen. Was soll er sonst machen? Er muss ja helfen. Hat er auch gemacht. Ob man den Zahn hätte retten können, kann ich auch nicht sicher sagen. Nur eins war klar, in dem Moment, in dem sich die Patientin in die Hände eines Chirurgen begibt, wird sie eben operiert. Die Frage für Sie als Patient ist natürlich, woher sollen Sie vorher wissen, wohin Sie am besten gehen? Wirklich schwierig.