5 Dinge, die es braucht, damit eine Sache gut wird. Teil IV

Ich erzähle Ihnen sicher nichts Neues, wenn ich sage, dass Menschen auf verschiedenen Gebieten unterschiedlich talentiert sind. Bei Kindern lässt sich das wunderbar beobachten. Während die einen mit Ihren Händen nicht so viel anfangen können, basteln oder malen andere schon im kleinsten Alter wundervolle Dinge. Zum Glück hat jeder irgendwo seine besonderen Stärken. Ob es nun im Bereich der Logik, Kunst, Musik, im Sport oder bei den Sprachen ist. Nun könnte man davon ausgehen, dass es für einen Handwerksberuf von Vorteil ist, wenn man mit seinen Händen eine gewisse

Geschicklichkeit

besitzt. Und weil der Zahnarztberuf am Ende auch ein Handwerk ist, sollte man meinen, dass Geschicklichkeit hilfreich, vielleicht sogar notwendig ist. Nun weiss ich aber aus meiner Tätigkeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter und Betreuer von Studenten, dass es beachtliche Unterschiede gibt, was das Talent und die Geschicklichkeit angeht. Die Frage ist, inwieweit wirkt sich das später aus?

Gott sei Dank ist es offenbar so, dass Talent meistens überbewertet wird. Malcolm Gladwell hat in seinem Buch „Überlieger: Warum manche Menschen erfolgreich sind – und andere nicht“ den Zusammenhang zwischen Talent, Übung und Meisterschaft beleuchtet. Das eindeutige Ergebnis: nicht Talent führt an die Spitze, sondern die Bereitschaft, den notwendigen Preis zu zahlen. Und der Preis ist die 10.000-Stunden-Regel. Man muss in einem Gebiet eben genannte 10.000 Stunden investieren, um zu üben und zu lernen, und dann kann man zu den Besten gehören.

In der Zahmedizin gibt es inzwischen zahlreiche Fachgebiete, in denen das Wissen und die Möglichkeiten enorm sind. Ich bin ganz fest überzeugt, dass kein Zahnarzt heute mehr in der Lage ist, auf allen Gebieten zur absoluten Spitze zu gehören. Das ist nur noch in einzelnen Fachgebieten möglich. Und dafür muss man sich eben spezialisieren. Das ist so wie Zehnkampf. Sie können ja sogar der beste Zehnkämpfer der Welt sein, aber es wird in jeder einzelnen Disziplin Sportler geben, die dort noch besser sind.

Ist ja auch nachvollziehbar. Wenn Sie sich nur auf eine einzige Sportart konzentrieren, werden Sie dort besser sein als jemand, der noch neun andere Sportarten betreibt. Oder anders gesagt, der beste Fußballspieler wird nicht auch gleichzeitig der beste Volleyballer oder Biathlet sein.

Sie kennen das Prinzip auch von den Ärzten. Würden Sie sich von einem Allgemeinarzt am Herzen operieren lassen? Oder mit einer Stoffwechselerkrankung zu einem Chirurgen gehen? Wohl eher nicht.

Okay, was heisst das aber jetzt für Sie? Wenn es so ist, dass man 10.000 Stunden benötigt (das entspricht realistischerweise etwa 8-10 Jahren Arbeits- und Lernzeit), um auf einem Gebiet so richtig gut zu sein, dann kann ein Zahnarzt allein nicht die komplette Zahnmedizin beherrschen. Wenn Sie also ein spezielles Problem haben, etwa eine Nerventzündung, eine Parodontose oder eine Lücke, die ein Implantat braucht, dann haben Sie die besten Erfolgschancen auch bei jemandem, der sich seit mindestens 10 Jahren intensiv mit diesem Thema beschäftigt. Also spezialisiert ist.

Und das können Sie ja erfragen. Trauen Sie sich ruhig! 

Ich weiss, dass die Hemmschwelle dafür bei Ärzten sehr hoch ist. Man geht ja davon aus, dass der Doktor schon weiss, was er tut. Aber jetzt verrate ich Ihnen ein Geheimnis. Die Medizin ist immer ein Rechnen mit Wahrscheinlichkeiten. Jede Behandlung hat eine gewisse Erfolgswahrscheinlichkeit. Sie können bei 99% Erfolgswahrscheinlichkeit zu dem einen Prozent gehören, bei dem es nicht funktioniert, oder sie können bei 50% zu den Glücklichen gehören, bei denen es geklappt hat. An Ihrem eigenen Ausgang einer Behandlung können Sie nicht erkennen, wie „gut“ der Behandler ist. Das wäre erst nach einer großen Anzahl derselben Behandlungen der Fall.

Also durch eigenes „Ausprobieren“ bekommen Sie nicht heraus, ob Sie beim richtigen Zahnarzt sind. Wenn der Kollege aber seit vielen Jahren einen Großteil seiner Zeit darauf verwendet, um auf einem Gebiet zu den Besten zu gehören, dann ist die Erfolgswahrscheinlichkeit einer Behandlung mit Sicherheit überdurchschnittlich hoch. Und das wollen Sie doch, oder?

Und wo finden Sie das nun? Ganz einfach. Entweder, Sie werden direkt zum Spezialisten überwiesen (z.B. für eine Wurzelbehandlung unter dem OP-Mikroskop, ein Implantat oder eine Parodontosebehandlung) oder sie befinden sich bereits in einer Mehrbehandlerpraxis mit mehreren spezialisierten Kollegen.

Und was ist eigentlich mit der Herstellung von Zahnersatz? Also Teilkronen, Kronen, Brücken usw. ? Gilt das da auch? Na klar! Denn der sogenannte „Prothetiker“ setzt ja am Ende das ganze Gebiss zusammen und muss vorher alle anderen Fachbereiche koordinieren. Also die Wurzelbehandler, Zahnfleischbehandler, Chirurgen, Implantologen, Kieferorthopäden und so weiter. Und er braucht wiederum ein zahntechnisches Labor mit spezialisierten Zahntechnikern. Sie merken, man könnte das ewig weiterspinnen…

Und dann brauchen Sie am Ende trotzdem noch ein bisschen Glück, dass Ihr Behandler nicht nur die obligatorischen 10.000 Stunden investiert hat, sondern auch mit seinen Händen etwas geschickt ist. Denn die zahnärztliche Kunst ist ein feines Handwerk, da braucht es sicher manchmal auch etwas mehr Geschicklichkeit.