Ohne Krebs kein Vitamin D

Da lese ich in der deutschen Ärztezeitung vom 30.11.2015 über Vitamin D. Das allein ist ja schon mal eine tolle Sache. Und hier wird sehr genau beschrieben, dass ein Mangel bei Werten unter 20 ng/ml vorliegt und eine unzureichende Versorgung bei unter 30 ng/ml. Und dass die Deutschen mit Durchschnittswerten zwischen 16 und 24 ng/ml praktisch das ganze Jahr über zu wenig davon im Blut haben. Oder wie verstehen Sie das Wort unzureichend? So weit so gut. Nur jetzt kommt’s. Auf der selben Seite ein weiterer Artikel über das Risiko, an Brustkrebs zu erkranken in Abhängigkeit von der Sonnenlichtbestrahlung.

Und die ganz klare Aussage, dass sich das Brustkrebsrisiko umgekehrt proportional zur Sonnenbestrahlung verhält und dass zum Beispiel in den USA schätzungsweise jährlich 50.000-63.000 vorzeitige Krebstodesfälle auf mangelnde UVB-Bestrahlung zurück zu führen sind. Keine Ahnung, wie so etwas berechnet wird und ob sich das auf Deutschland übertragen läßt, aber wenn man es auf die Einwohnerzahl hierzulande runter rechnet, dann wären das hier auch rund 12.000-16.000 Todesfälle durch Sonnenmangel jedes Jahr. Das sind immerhin 4-5 mal so viele wie es Verkehrstote gibt.

Nun empfiehlt der Kollege doch tatsächlich, dass bei allen Krebskranken der Vitamin-D-Status erhoben werden sollte und durch Nahrungsergänzung ein Zielwert zwischen 40 und 60 ng/ml angestrebt werden sollte. Zusammengefasst ergibt das folgende 2 Aussagen:

  • Mehr Sonne bzw. mehr Vitamin D im Blut bedeuten weniger Krebserkrankungen
  • bei allen Krebspatienten sollte Vitamin D gemessen und auf 40-60 ng/ml angehoben werden.

Okay, aber da stellt sich mir spontan die Frage, warum nicht schon beim gesunden (also noch nicht krebskranken) Menschen Vitamin D gemessen werden sollte? Wenn doch mehr Vitamin D ein geringeres Krebsrisiko bedeutet, warum in aller Welt wird es dann nicht routinemäßig gemessen? Wozu denn eine Vorsorgeuntersuchung zur Erkennung von Krebs (die ja gerade bei Brustkrebs empfohlen wird), wenn man schon viel früher reagieren könnte, in dem man den Vitamin-D-Spiegel kontrolliert und bei Bedarf anhebt? Dass ganz Deutschland im Vitamin-D-Mangel lebt und es dringend nötig hätte, ist ja in der Grafik des Ärzteblattartikels gut zu erkennen.

Ist es denn wirklich so, dass man

erst Krebs haben muss,

bevor es für sinnvoll gehalten wird, den Vitamin-D-Spiegel zu kontrollieren? Ist das wirklich ärztliche Meinung? Oder ist es von jemand anderem so gewollt? Der Politik? Der Industrie? Dazu folgende Fakten:

  • Die Laborkosten für die Bestimmung des Vitamin D betragen etwa 30€. Das Quartalsbudget eines Kassenarztes beträgt für Laboruntersuchungen ca. 2,50€. Die Kollegen mögen mich korrigieren, falls es wesentlich anders sein sollte. Das bedeutet, dass die Krankenkassen die routinemäßige Messung nicht bezahlen. Wäre es aber nicht trotzdem die Pflicht eines jeden Arztes, diese Messung dann eben als Selbstzahlerleistung zu empfehlen?
  • Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) zitiert hier selbst eine hochwertige Studie, nach der das relative Risiko für Darmkrebs um 43% abnimmt pro 20 ng/ml höherem Vitamin-D-Serumspiegel !!! Eine Anhebung um 60 ng/ml würde also 82% weniger Risiko für Darmkrebs bedeuten.
  • Trotzdem erachtet die DGE in dieser Stellungnahme bereits >20 ng/ml Serumspiegel als optimale Vitamin-D-Versorgung. Optimal wofür? Jedenfalls nicht, um Krebs vorzubeugen. Laut deutschem Ärzteblatt sind <30 ng/ml ja sogar als unzureichend (=Schulnote 5) definiert. Irgendjemand ist hier also nicht auf dem neuesten Stand. Oder ignoriert die wissenschaftliche Datenlage.
  • Das Bundesamt für Strahlenschutz empfiehlt zur ausreichenden Bildung von Vitamin D 2-3 mal pro Woche Gesicht, Hände und Arme ungeschützt der Sonne auszusetzen. Und zwar für ca. 12 min bei Hauttyp II und einem UV-Index von 7. Dieser wird jedoch hierzulande (Berlin) nur im Juni und Juli erreicht. Im Dezember ist der UV-Index sogar 0. Das bedeutet, dass die Wintersonne Ihr Vitamin D nicht beeinflusst. Selbst stundenlanges Sonnenbaden im Winter brächte nichts. Ganz abgesehen davon, dass wohl kaum jemand im Dezember halbnackt stundenlang draußen rumrennen würde.
  • Von eben jener DGE wird die tägliche Zufuhr von 20µg (=800 IE) Vitamin D empfohlen. Stellt sich wieder die Frage, um was zu erreichen? Wie hoch der tatsächliche Serumspiegel dann ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, zum Beispiel vom Körpergewicht, vom Alter, von der gleichzeitigen Einnahme von Kalzium oder vom Ausgangswert (siehe z.B. hier). Niemand würde wohl sein Auto so behandeln, wie die DGE empfiehlt, seinen Körper zu behandeln. Oder würden Sie auf Verdacht einfach pro 1000 km Fahrstrecke einen halben Liter Öl nachfüllen, ohne den tatsächlichen Ölstand jemals gemessen zu haben? Der Ölverbrauch hängt ja wohl auch von verschiedenen Faktoren ab. Größe des Motors, Alter des Autos, Fahrstil usw.

Es ist offenbar tatsächlich so, dass auf diese großartige Chance zur Gesunderhaltung verzichtet wird und erst die Krebserkrankung selbst zur Empfehlung führt, den Vitamin-D-Spiegel messen und anheben zu lassen.

Dass ein erhöhter Vitamin-D-Spiegel auch zu besseren Zähnen, weniger Zahnschmerzen und weniger Parodontose führt, traue ich mich ja kaum noch zu erwähnen (siehe Artikel vom 12.09.2015). Und wie Sie Ihren persönlichen Vitamin-D-Bedarf berechnen können, steht in diesem Buch.

Ich fordere daher die Politik auf, das Thema Vitamin-D-Mangel ernst zu nehmen und dafür zu sorgen, dass jeder die Chance hat, seinen wahrscheinlich bestehenden Mangel zu beseitigen.

Und ich fordere die Krankenkassen auf, solch wichtige Laboruntersuchungen zu unterstützen und aktiv dafür zu werben.

Und ich bitte Sie, liebe Leserin, lieber Leser, diesen Artikel zu teilen und zu verbreiten, damit in diesem Land kein Mensch wegen eines solch einfach zu behebenden Mangels krank werden muss.

Vielen Dank.

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