Gericht entscheidet: Zähne sind unwichtig

Wie wichtig dem deutschen Staat und den Krankenkassen Ihre Zähne sind, können Sie sicher auch an der Rechtsprechung zum Thema Zähne ablesen. Dazu folgende Geschichte von einem Patienten, der offenbar an die Vorsorgebereitschaft der Krankenkassen geglaubt hat. Und, Sie ahnen es, enttäuscht wurde.

Dass eine professionelle Zahnreinigung der Vorbeugung von Zahnerkrankungen dient, darüber sind sich Zahnmediziner einig. Denn es geht dabei ja nicht nur um das Entfernen von Bakterien, die Entzündungen verursachen. Sondern es geht noch um viel mehr! Während einer Prophylaxe, die vielleicht knapp eine Stunde dauert, schaut eine geschulte Mitarbeiterin die ganze Zeit auf Ihre Zähne! Und wenn Sie Glück haben, sogar mit Lupenbrille und Beleuchtung. Die Wahrscheinlichkeit ist also sehr hoch, dass während einer Prophylaxesitzung Probleme wie Wurzelkaries oder undichte Kronenränder erkannt werden, die sonst durch Zahnbeläge verdeckt in der zweiminütigen Kontrolle von Ihrem Zahnarzt übersehen werden könnten.

Außerdem bekommen Sie Feedback zu Ihrer Putztechnik. Das ist ein entscheidender Punkt! Sehen Sie es wie eine Trainerstunde beim Sport. Sie können auch im Sport nur besser werden, wenn Sie hin und wieder Feedback zu Ihrer Technik bekommen. Und eine gute eigene Putztechnik ist eben auch eine Voraussetzung für langfristig gesunde Zähne. Wo sonst lernen Sie denn, Ihr Gebiss anständig zu reinigen? In der Schule? Von Rot nach Weiss? Wenn es so einfach wäre, dann hätten ja alle Menschen gute Zähne, oder?

Nun zweifeln sogar manche privaten Krankenversicherungen den Nutzen der Prophylaxe an. Wozu? Um sie nicht bezahlen zu müssen und so kurzfristig Geld zu sparen. Und zu welchem Preis? Um später mehr für Reparaturen bezahlen zu müssen. Sehr weitsichtig.

Auf der anderen Seite erstatten gesetzliche Krankenkassen teilweise die Prophylaxe, weil sie erkannt haben, dass sie nützlich ist. Nur Sie als Kassenpatient haben eben keinen gesetzlichen Anspruch darauf. Und genau deswegen zog ein Patient vor Gericht. Weil er der Meinung war, wenn die Prophylaxe vor einer Parodontosebehandlung medizinisch notwendig ist, dann müsste die Krankenkasse sie eben auch bezahlen.

Aber: Pustekuchen.

Das Landessozialgericht Baden-Württemberg stellte 2015 lediglich fest, dass der Gesetzgeber es eben ausdrücklich nicht gewollt hat, dass die Prophylaxe von den Kassen bezahlt wird. „Insofern sei zu berücksichtigen, dass die GKV nicht alle Leistungen erstatte, die medizinisch notwendig, sondern nur diejenigen, die unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes vertretbar seien.“

Und dass eben mit der Parodontose auch keine Ausnahme, wie etwa ein lebensbedrohlicher Zustand vorliegt, der die Erstattung durch die GKV erforderlich macht.

Können Sie das verstehen? Ich tue mich da schwer. Eine einfache, kostengünstige und extrem effektive Massnahme zur Zahnerhaltung wird nicht bezahlt, weil Zähne eben nicht lebensnotwendig sind. Und obwohl die Massnahme vor einer Parodontosebehandlung medizinisch notwendig ist, ist die Erstattung nicht mit dem Wirtschaftlichkeitesgebot vereinbar. Klar, diese Meinung kann man vertreten. Aber dann sollte man den Menschen das bitte auch so klar sagen: Die Politik und die Krankenkassen sorgen ausdrücklich nicht dafür, dass die Menschen Ihre Zähne Ihr Leben lang behalten können. Es wird nur dafür gesorgt, dass Sie kauen können. Dafür reicht aber auch eine Plastikprothese. Und die Realität sieht auch genau so aus. Menschen im Alter zwischen 65 und 74 Jahren haben in Deutschland im Durchschnitt 14,7 fehlende Zähne. Das ist mehr als die Hälfte eines gesunden Gebisses.

Für Sie bedeutet das, dass Sie selbst etwas tun müssen, wenn Sie Ihre Zähne länger behalten wollen. Vielleicht denken Sie mal über eine Zusatzversicherung nach, die auch die Prophylaxe bezahlt. Oder Sie fragen Ihren Zahnarzt, was Sie oder er denn über die Möglichkeiten der gesetzlichen Kasse hinaus tun können, damit Ihre Zähne gesund bleiben. Wenn Sie nur lange genug darüber nachdenken, dann werden Sie zu dem Schluss kommen, dass nur Sie selbst dafür sorgen können, dass Ihre Zähne gesund bleiben. Natürlich brauchen Sie auch eine Zahnarztpraxis dafür, aber die suchen Sie ja auch selbst aus, oder? Okay, in Ausnahmefällen tut das auch mal die Ehefrau.

Vor allem aber sollten Sie sich nicht von Ihrer Krankenkasse vorschreiben lassen, wie Sie behandelt werden. Und dadurch auf viele tolle Möglichkeiten der modernen Zahnmedizin verzichten, nur weil sie nicht von den Kassen bezahlt werden. Denn Sie bezahlen dafür langfristig mit Schmerzen und noch viel höheren Kosten für verlorene Zähne.

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